Josefi-Tag

Morgen ist San Giuseppe. Der Josefi-Tag. In Italien ist das der Vatertag. Auf Facebook und Instagram werden wieder überschwänglich die verschiedensten Glückwünsche gepostet werden. In diesem Jahr, das von Corona geprägt ist, besonders.

Seit die ganze Welt von Corona getroffen ist, denken die Leute offensichtlich viel mehr aneinander. Ich werde immer wieder von Freunden aus Österreich angerufen, die wissen wollen, wie es uns denn jetzt geht in Italien. Und  nicht nur von Freunden, mit denen wir ohnehin regelmäßig kommunizieren, sondern auch von solchen, mit denen ich vor langer Zeit die letzte Begegnung hatte. Es passiert sogar, dass ich bei so einem Gespräch zuerst einmal mein Hirnkastl anstrengen muss, um mich zu erinnern, wer das eigentlich ist, also „wo ich ihn denn hintun“ muss. – Das sagt doch, dass wir alle irgendwie eine Wandlung durchmachen.

Als das Virus im Jänner in China so radikal zuschlug, da war ich mir schlagartig sicher: Das ist jetzt die Rache der Natur für all die Verfehlungen und die Gewalt, die die Menschheit der Erde angetan hat. Die Natur ist intelligent! Dieser Gedanke geht mir seither immer durch den Kopf und ich bin mehr und mehr sicher, dass es so ist. Die um sich greifende Krankheit zwingt uns, unsere Lebensweise zu überdenken und sie letztendlich umzustellen. Und man spürt mehr und mehr eine positive Veränderung im Umgang der Menschen miteinander. Was für eine „Fastenzeit“, die uns da auferlegt wurde!

Ich bin schon gespannt, was am Ende daraus wird. Ganz sicher wird nichts mehr so sein, wie es vorher war. Nicht nur wir „kleinen Leute“ werden vermutlich toleranter sein und weniger egoistisch. Ganz bestimmt werden sich global die Schwerpunkte verschieben, und „die oben“ werden anders denken und eine ungeheure Kreativität entwickeln, die Produktionsweisen so zu gestalten, dass die Welt dabei nicht kaputt geht. Ich bin der festen Überzeugung, dass alles, was unser Zusammenleben menschlicher macht, einen Aufschwung nehmen wird. - Dazu gehört übrigens auch die Kunst! 

Bei Einbruch der Dunkelheit haben wir im Garten einen großen Haufen aus Ästen vom Baumschnitt entzündet. "Focarina" nennt man das, was hier zu Josefi ähnlich wie bei uns das Petersfeuer praktiziert wird. Prompt las ich eine Stunde später wehmütige Whatsapp-Meldungen von Freundinnen und Freunden aus unserem hiesigen Bekanntenkreis, die keinen Garten haben und nicht aus ihren Wohnungen heraus können. Da wird mir schmerzhaft bewusst, wie privilegiert ich eigentlich bin.

 

 

 

 

Ci vuole anche fantasia

 

Zu meiner Bilderausstellung war eine Bäuerin aus unserer Nachbarschaft gekommen. Ich sagte zu ihr: „Schau, ich habe euer altes Haus gemalt, das weit draußen auf dem Feld steht.“ Maria schaut es sich an und sagt dann: „Ci vuole anche fantasia. – Ja, man braucht auch Phantasie.“

Ich war sprachlos. Sie ist offenbar damit nicht einverstanden. Sie hatte sich was anderes vorgestellt.

Natürlich schaut mein Bild nicht so aus, wie das Schwarz-Weiß-Foto, das Maria zu Hause im Schachterl aufbewahrt. Wollte ich die alte Ruine realistisch wiedergeben, hätte ich es fotografiert.

So aber habe ich mir meine Gedanken dazu gemacht. Die Perspektive habe ich etwas überzeichnet, weil ich die einstige romagnolische Bauweise besser zur Geltung bringen wollte. Was sagt mir eine alte Ruine, die keiner mehr beachtet? Sie hat einmal genau den Zweck, der die Bedürfnisse einer bäuerlichen Familie einst brauchte, vortrefflich erfüllt. Ohne Strom, ohne Maschinen. Aber verlässlich alle Tage.

Jetzt ist es längst im Ausgedinge. Es darf sich freuen, weil es vielen Generationen gute Dienste geleistet hat. Es wird auch immer noch ein wenig gebraucht. Arbeitsgeräte für alle Tage sind dort untergebracht. So darf das alte Gebäude durchaus auch zufrieden lachen. Und das habe ich auch mit Farben mitgeteilt. – Ist doch erlaubt, oder?

Indem ich dem Bild solcherart Aussagen zugeeignet habe, hat es eine ganz eigene Dynamik, strahlt Fröhlichkeit aus und ist trotzdem ruhig, wie es ihm zukommt. Ist doch schön, wenn ein altes Objekt so zufrieden einfach da sein darf. Absichtslos.

 Ja, Maria, du hast Recht: man braucht auch etwas Phantasie!

 

Die Hand

Auf Wanderungen im Tal des Rubikon begegnet mir viel, was in mir unmittelbar eine „Bild-Vorstellung“ erweckt. Ich möchte es gerne in meinem Kopf behalten, nicht vergessen, mich nachhaltig daran erinnern. Zu viel aber sind meist die Eindrücke, die in zu rascher Aufeinanderfolge auf mich zukommen.

Wenn ich einen Zeichenblock mithabe, halte ich das Gesehene gleich fest. Schon geht es los: Locker und skizzenhaft gleitet die Hand über das Papier, fern jeder Pingeligkeit.  „Stimmen“ soll es trotzdem. Der Kopf entscheidet, was festgehalten wird, nicht alles ist es wert. Die Hand muss das mit entschiedenem Strich, auch mit gebotener Vorsicht umsetzen.

Erst recht beim Malen zu Hause! Da muss die Hand gehorsam sein und diszipliniert. Gewissenhaft arbeitet sie, wie sie es gelernt hat. Je länger je sicherer. Geist und Hand bilden eine starke Konjunktion. Der Intellekt zwingt meist der Hand seinen Willen auf. Aber Vorsicht! Zu viel ist nicht gut. Man wird hernach die Zwanghaftigkeit sehen.

Deshalb soll die Hand ruhig, ja unbedingt, auch mutig und kühn soll sie sein, auch ein wenig non-chalant. Wenn der Geist zweifelt, trifft sie gar manchmal selber eine Entscheidung, die zuweilen eine verblüffende Wirkung herbeiführen kann.

DIE HAND KANN ALLES! ICH LOBE SIE.

 

Der Wiedehopf (ital. upupa)

Jedes Jahr im Frühjahr, meist Ende März, Anfang April,  besuchen uns Herr und Frau Wiedehopf in unserem Garten. Der Wiedehopf ist ein wunderschöner Vogel und sehr scheu. Am besten beobachte ich ihn durch das Fenster oder auch sitzend im Garten. Da muss ich mich aber sehr still verhalten, denn beim geringsten Geräusch oder der kleinsten Bewegung ist er weg.

Er bleibt den ganzen Sommer über. Groß ist die Freude, wenn die ganze Familie eines Tages mit den Jungen erscheint. Drei bis vier können es sein. Dann pickt sich Familie Wiedehopf eifrig durch unsere Wiese auf der Suche nach fetten Würmern. Sie scheinen davon begeistert, denn in unserem Garten gibt es kein Pflanzengift.

Einmal hat es mich gereizt, die Wiedehopfmutter mit ihrem Jungen zu malen. Weil es mir auf Anhieb gelungen ist, hatte ich spontan beschlossen, mich ab jetzt ernsthaft mit der Malerei zu beschäftigen. Meine Bilder signiere ich seither mit einem stilisierten "upupa".